petra paul

et al.


Petra M. Springer: Petra, Du machst seit über 10 Jahren Kunst, Du experimentierst mit verschiedenen Medien: Wachs, Fotografie, Menstruationsblut, traditionell gemaltes Tafelbild, Collage, Assemblage und anagrammatische Zusammensetzung von zerstückelten Fotografien. Gibt es thematische Zusammenhänge dieser differenten Ausdrücke?

 

Petra Paul: Natürlich. Ich sehe mich als feministische Künstlerin und darum geht es mir in erster Linie um das Thema Frau bzw. um das Aufzeigen der Diskriminierungsmechanismen, welchen die Frau in einer patriarchal strukturierten Gesellschaft ausgeliefert ist. Es geht um das Aufzeigen dieser Mechanismen und gleichzeitig um Versuche, diese Mechanismen zu unterwandern.

 

Petra M. Springer: Kannst Du das konkretisieren z. B. anhand der beiden letzten Ausstellungen, die im Frauencafé zu sehen waren? Die gezeigten Werke hast Du unter die Titel: strip - no body for nobody und portraits as images zusammengefasst. Bei der ersten Ausstellung hast Du eingewachste Kleidungsstücke gezeigt, bei der zweiten fotografische Porträts und Selbstporträts.

 

Petra Paul: Auf den ersten Blick scheinen die beiden Ausstellungen nichts gemeinsam zu haben, aber der Schein trügt. Es geht in erster Linie um den voyeuristischen Blick, dem die Frau ausgeliefert ist. Frauenbilder werden in unserer Gesellschaft sexualisiert. In strip - no body for nobody wurde der nackte, entblößte weibliche Körper nicht zur Schau gestellt. Nur die eingewachsten Kleidungsstücke verweisen signitiv darauf. Ich setze mich mit der Problematik des Frauenbildes, welches in der Bildhaftigkeit patriarchaler Vorstellungen liegt, die der Frau eine Rolle als Sexualobjekt zuweist, auseinander. Frauenbilder stellen nicht nur in der bildenden Kunst, sondern auch in der Werbung und in den Massenmedien sexualisierte Objekte des männlichen Blicks dar. Im Zuge der Zweiten Frauenbewegung wurden nicht nur die misogynen, sexualisierten und sexualisierenden Darstellungen von Frauen kritisiert, sondern auch der Bildcharakter, welcher der Frau zugeschrieben wird. Ich ließ im Rahmen dieser Ausstellung die Frau als Bild – als sexualisierte Abbildung – nicht zu, indem ich den Körper eliminiert habe und nur die Kleidung als Wandobjekte – als Repräsentationen bzw. Signifikationen – gezeigt habe. Ich ging von der radikalen Theorie aus, dass der menschliche, insbesondere der weibliche Körper, in einer patriarchal strukturierten Gesellschaft so stark codiert wurde, dass jegliche Wiedergabe unmöglich geworden sei. Der physische Körper ist Symbol für den kulturellen Körper. Ihm liegt nicht nur das Verhältnis des einzelnen Menschen zum eigenen Körper zugrunde, sondern auch die darin repräsentierten gesellschaftlichen Strukturen. Ich habe mich sehr intensiv mit der Inszenierung des Selbst als Maske auseinandergesetzt, mit Joan Riviere, Mary Ann Doane,... bzw. mit der Metapher Kultur als Performance mit einer Begrifflichkeit aus dem Schauspiel: Inszenierung, Spiel, Maske. Dazu gibt es ein interessantes Buch von Erving Goffman: Wir alle spielen Theater. Die Hüllen im Striptease, welche in der Ausstellung gezeigt wurden, können somit als Metapher für die fallenden Masken gesehen werden.

 

Petra M. Springer: Du hast in strip - no body for nobody also die Frau eliminiert, um einen voyeuristischen Blick auf sie zu unterbinden, ist das die einzige Form, um gegen z. B. Misogynie in der Kunst anzukämpfen? Es ist m. E. sehr radikal, die Frau wegzulassen, um sie nicht zum Objekt, zum sexualisierten Objekt werden zu lassen. In der Ausstellung portraits as images hast Du aber Fotografien von Frauen gezeigt. Setzt Du sie somit dem voyeuristischen Blick wieder aus? Ist die zweite Ausstellung somit ein Rückschritt einer radikal-theoretischen Ausdrucksweise?

 

Petra Paul: Ich habe vorhin schon angedeutet, dass Künstlerinnen – darunter besonders viele feministische – einen neuen Ort der Einheit für den als Ware dargestellten Körper gesucht haben, wobei behauptet wurde, dass jegliche Wiedergabe unmöglich geworden sei.

 

Petra M. Springer: Wie können sich Frauen dann überhaupt noch präsentieren, wenn eine Wiedergabe des Körper unmöglich ist?

 

Petra Paul: Zu einer sogenannten Befreiungskunst zählte eine Kunst, in der sich Frauen von der gängigen – patriarchal codierten – Ästhetik abwandten. Frauen zeigten sich ungeachtet tradierter, von Männern fixierter Schönheitsnormen. Frauen zeigten sich schwanger, zeigten sich nach Brustamputationen,... Frauen trauten sich einen schonungslosen Blick auf sich selbst zu. In einer extremen Weise setzt sich die französische Künstlerin Orlan mit ihrem Körperbild auseinander, nämlich indem sie sich eher entstellenden Schönheitsoperationen unterzieht. Natürlich sind das alles keine Frauen, die in der Werbeindustrie eingesetzt werden – die Modelle müssen immer noch der patriarchal determinierten Norm folgen, obwohl es schon Modells gibt, die über 70 oder 80 Jahre sind – wobei so etwas natürlich Seltenheitswert hat und eher auf neue Kaufkraft abzielt und nicht als Ausbruch aus tradierten Normen gesehen werden kann. Es ist eine Ausnahme und nicht die Regel.

 

Petra M. Springer: Nochmals zurück zu portraits as images. Wie hast Du konkret Frauen-Bilder umgesetzt?

 

Petra Paul: In portraits as images habe ich Frauen fotografisch abgebildet und Anagramme aus den Namen der abgebildeten Protagonistinnen gemacht. Wie bereits erwähnt gibt es die Möglichkeit, das traditionelle, männliche Bildrepertoire durch die Inszenierung als Maske aufzubrechen. Es gibt keine inhärente, natürliche Weiblichkeit – Frauen treten in die Maske der Weiblichkeit ein. Weibliche Identität ist somit eine soziale Konstruktion, welche durch stereotypische geschlechtsspezifische Kleidung, Gestik, Mimik und Körperhaltung aufgegriffen wird. Dieser Gedanke, dass Weiblichkeit eine Verstellung, eine Verhüllung und Maske ist, führt zu einer Dekonstruktion der traditionellen Darstellung. Masken sind jederzeit austauschbar: z. B. habe ich mir einen Bart angeklebt und mich so polar zwischen Femininität und Maskulinität angesiedelt. Der Kunst-Körper wird somit als Maske der Weiblichkeit mit maskulinen Elementen wiedergegeben. Das Selbst befindet sich hinter Masken, wenn es um den öffentlichen Blick geht. Frauen leben unter dem Druck, für andere etwas anderes darzustellen, als sie sind. Dadurch können sie aber leichter das traditionelle Verständnis, das die Frau dem Bild gleichsetzt, unterlaufen, indem sie beispielsweise parodistisch in Erscheinung treten. Ich bin nicht das passive Objekt des fremden Blicks, da ich alles selbst inszeniere. Ich parodiere die heute gängigen Erwartungen an Weiblichkeit, indem ich z. B. maskuline Elemente einfließen lasse. Dadurch mache ich sichtbar, dass Weiblichkeit eine Konstruktion ist.

 

Petra M. Springer: Du unterläufst gängige Frauen-Bilder, indem Du maskuline Elemente einfließen lässt. Ist diese Parodie die einzige Möglichkeit für andere Darstellungen des weiblichen Körpers?

 

Petra Paul: Nein. Die Beziehung der Menschen zu ihrem Abbild ist geprägt von dem ganzheitlich gesehenen Körper. Ich reflektiere zwar den weiblichen Bildsttatus der (Selbst)Inszenierung mit, aber Ausschnitthaftigkeit, Beleuchungseffekte, welche die Wiedererkennbarkeit abgebildeter Personen verringert, das Zerreißen von Fotos und die anagrammatische Neuanordnung einzelner Komponenten wirken gegen die ikonographische Tradition der Darstellung der Frau als Objekt des Begehrens, das für den männlichen Blick inszeniert ist. Eine lange Belichtungszeit, in der nur eine kurze Zeitspanne die dargestellte Person fotografisch aufgenommen wurde, lässt die Figur geisterhaft in einem Auflösungszustand erscheinen. Ich wirke dem Verschwinden des Selbst im Bild entgegen, da ich die Umkehrung des einheitlichen, intakten Bildes inszeniere und statt einer unversehrten Gestalt nur Bruchstücke abbilde. Die Kamera rückt den Figuren meist nahe an den Leib. All meine Inszenierungen enthalten aber keine neuen Weiblichkeitsbilder, sondern zeigen ein reflexiven Verhältnis zum Bild der Frau. Die Sichtbarkeit des Selbst ist dargestellt – auch im Verschwinden – und die Kontrolle der Repräsentation, welche die Fähigkeit zum Darstellen selbst beinhaltet.

 

Petra M. Springer: Du spielst sehr oft in Deinen fotografischen Werken, ganz besonders in Deinen Selbstporträts, mit Weiblichkeit und Männlichkeit. Die nächste Ausstellung im Frauenzentrum heißt sogar female masculinity. Welchen Stellenwert hat Männlichkeit für Dich als Frau?

 

Petra Paul: Ich hinterfrage mit den Darstellungen zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit bzw. die mit männlichen und weiblichen Elementen spielen, eine biotisch begründete Dualität der Geschlechter. In den 1980er Jahren wurde die Trennung zwischen sex und gender zum neuen Leitsatz des Feminismus. Ein Teil von Wissenschafterinnen wandten sich der Rollen von Frauen zu, eine andere befasste sich mit Konzeptionen von Sexualität und eine Minderheit begann, auch den Körper unter das sozial erschaffene zu subsumieren – Kategorien wie Mann und Frau wurden als Symbole in einem sozialen Sinnsystem gesehen. Am bekanntesten ist wohl das radikal-feministich-konstruktivistische Buch Gender Trouble von Butler. Der Biologismus ist Grundlage für die Unterdrückung der Frau – sie wird als schwächer angesehen aufgrund von Menstruation, Schwangerschaft und Gebärfähigkeit. Wenn ich versuche, die bipolaren Grenzen zu verschleiern, arbeite ich gegen diesen Biologismus. In der Antike gab es angeblich das Eingeschlechtermodell und in über 30 Gesellschaften existieren weibliche Ehemänner. In Albanien, Mazedonien, Montenegro und Kosovo gibt es Personen weiblichen Geschlechts, die einen männlichen Habitus pflegen und in ihrer männlichen Rolle von der Gesellschaft anerkannt werden. Das brasilianische binare Geschlechtersystem beruht nicht auf Anatomie, sondern auf Sexualität – wobei es natürlich auch wiederum fraglich ist, die sexuelle Praxis als alleinigen Gender-Klassifikator anzuerkennen.

 

Petra M. Springer: Du arbeitest somit gegen das Bild der Frau, gegen die bipolare Geschlechterteilung – arbeitest Du somit nicht automatisch gegen das Frausein?

 

Petra Paul: Nein, ich versuche zu zeigen, dass Geschlecht vielschichtig ist, und dass Weiblichkeit auch mit flachen Schuhen und ungeschminktem Gesicht dargestellt werden kann – ich überzeichne, parodiere dieses Bild der Frau natürlich, wenn ich dann noch einen Schritt weiter gehe und Bartstoppeln in mein Gesicht klebe oder mir einen Dildo – einen Phallus – umschnalle. Meine Ausstellung im Frauenzentrum nenne ich female masculinity – nach einem Buch von Judith Halberstam. Weiblichkeit ist Konstruktion: die weibliche Frau ebenso wie die maskuline Frau. Ich kämpfe nicht gegen das Frausein, gegen Weiblichkeit, sondern gegen normierte Weiblichkeitsbilder. Ich parodiere diese Bilder – Butler baut z. B. auf die Assoziation mit Parodie ihre Subversionstheorie auf. Ich will auf vielfältige Möglichkeiten der Verschränkungen von Geschlecht und Identität, Körper und Selbst, Sexuelle Praxis und Lebensentwurf hinweisen. Ich sehe Zweigeschlechtlichkeit als fiktive Abstraktion, da Menschen unbewusst beides sind und sich nur graduell unterscheiden. Ich sehe Identität nicht als starres Konstrukt, sondern vielschichtige Identitäten in unterschiedlichen Kontexten. In unserer Gesellschaft mit ihrem Jugendkult gilt das altersbedingte Verschwimmen des Geschlechterdimorphismus als schwer zu ertragendes Übel. Die Östrogenproduktion lässt bei Frauen im zunehmenden Alter nach – die Menstruation bleibt aus und es führt möglicherweise zu einer sprießenden Gesichtsbehaarung. Dies gilt allgemein als unerwünscht und Frauen begegnen dieser natürlichen Maskulinisierung mit Hormonsubstitutionen. Die wenigsten Menschen entsprechen ganz und gar den Stereotypen von Männlichkeit und Weiblichkeit, die Mehrheit befindet sich auf dem unendlichen Kontinuum dazwischen.

 

Petra M. Springer: Du machst monatlich Bilder mit Menstruationsblut. Wie bist Du darauf gekommen?

 

Petra Paul: Ich habe bereits erwähnt, dass Frauen wegen der Menstruation, Schwangerschaft und Gebärfähigkeit in unserer patriarchal strukturierten Gesellschaft als minderwertig angesehen werden. Dadurch, dass ich das Menstruationsblut für meine Kunst verwende, mache ich auf das Negativtabu Menstruation aufmerksam und zeige öffentlich, was in unserer Gesellschaft üblicherweise im Verborgenen bleiben soll. Künstlerinnen – besonders feministische – haben sich mit ihrem Körper auseinandergesetzt. Mir ist aufgefallen, dass eigenartigerweise das Thema Menstruation nur selten thematisiert wurde, obwohl es doch eine spezifisch weibliche Thematik ist. Eine der ersten, die dieses Thema öffentlich zeigte, war Judy Chicago in dem Bild Red Flag aus dem Jahre 1971. Diese Lithografie zeigt eine Hand, die einen blutigen Tampon aus der Vagina zieht. Kunstwerke mit Menstruationsblut machen u. a. Heather Weathers oder Penelope Benton. Ani DiFranco sing über Menstruation in ihrem Lied Blood in The Boardroom. Es hat mich einfach gewundert, dass sich so wenig Künstlerinnen mit der monatlichen Blutung auseinandersetzen. Diese Sprachlosigkeit zeigt, dass die alten Berührungsängste noch immer tief in der Gesellschaft verinnerlicht sind – das sehe ich manchmal auch an Reaktionen von Außen. Eine Galeristin schrieb mir empört: „Dies kann ich in meiner Galerie nicht zeigen." Als ob ich etwas Unanständiges machen würde. Die Frauen stehen somit immer noch negativ ihrem eigenen Körper gegenüber.

 

Petra M. Springer: Du willst also das Negativtabu aufheben und öffentlich zeigen, was in unserer Gesellschaft geheimgehalten wird. Du willst ein negativ besetztes Thema positiv zeigen, indem Du ästhetische Werke daraus machst.

 

Petra Paul: Ja, ich will dadurch den Frauen den Ekel vor sich selbst nehmen. Das monatliche Blut ist nicht ekelhaft, sondern ist Teil von uns. Eigenartigerweise ist das Thema tabu, obwohl die Blutung über 50% der Gesamtbevölkerung betrifft. Erste Haarlocken oder Milchzähne der Tochter werden als Andenken aufgehoben, nicht aber der erste Blutstropfen als wichtiger Übergang vom Mädchen zur Frau. Der Umgang mit Menstruation in unserer Gesellschaft zeigt sehr deutlich die Werbung für Hygieneprodukte. Saugstärkere Binden und Tampons zeigen die gesellschaftliche Forderung zur Verbergung des Vorgangs. Worte wie Freiheit, Sicherheit oder Zuverlässigkeit werden mit den Produkten in Verbindung gebracht und die Frauen zeigen sich aktiv, sportlich und jugendlich. Keine Frau windet sich vor Schmerzen, sondern alle strahlen, als ob überhaupt nichts sei. Sauberkeit und Diskretion stehen im Vordergrund. Alles wird getan, um die Zeit der Menstruation so unauffällig wie möglich zu gestalten. Es wird im Verborgenen menstruiert, diskret und privat. Schmerzmittel und Medikamente gegen PMS machen Frauen genauso funktionstüchtig, als ob sie ihre Menstruation nicht hätten. In Japan gibt es derzeit Forschungstendenzen, die monatliche Blutung medikamentös zu unterdrücken, da die modernen Karrierefrauen nicht mehr bluten wollen. Die negative Einstellung zum eigenen Körper bzw. zu natürlichen Körpervorgängen ist weit verbreitet. Ich sehe die Menstruation als Symbol einer Verletzung, als monatlich blutende Wunde, welche der Frau durch eine patriarchale Herrschaft zugefügt wurde, das sie u. a. dadurch unterdrückt wird. Helmot nannte die weibliche Blutung monatliche Blödigkeit, Richard Kraft-Ebbing stellte die Menstruation als periodisches Irrsein dar. Im Matriarchat gab es Menstruationsriten und die Blutung wurde positiv bewertet, erst das Patriarchat verhängte über die Menstruation ein Negativtabu. Die Frau wurde als unrein angesehen und dem unreinen Blut wurde das heilbringende männliche Blut Christi entgegengestellt. Ich nenne meine Serie von Menstruationsblutbilder: das ist das blut, das ich für euch vergossen habe. Ich versuche durch das Fertigen abstrakt-strukturierter Bilder aus Menstruationsblut erstens öffentlich auf das Thema aufmerksam zu machen und zweitens durch ästhetische Werke die Negativität des Themas umzukehren. Frauen sollen zu ihrem Frausein stehen und dazu gehört auch die Menstruation. Dieser Vorgang soll nicht mehr im Verborgenen bleiben, ich will ihn durch die Bilder publik machen.

 

Petra M. Springer: In letzter Zeit wurde immer wieder der Vorwurf laut, der Feminismus sei heutzutage veraltert. Du hast Dich vorhin als Feministin bezeichnet, wie stehst Du zu diesem Vorwurf?

 

Petra Paul: Das Selbstbestimmungsrecht der Frau ist gegenüber früher gestiegen, aber nicht überall. Die Übernahme reproduktiver Funktion ist heutzutage in unserer Gesellschaft nicht mehr das entscheidende Kriterium für eine weibliche Lebensweise – eine steigende Zahl von Frauen bleibt gewollt Kinderlos. Abtreibung ist bei uns legal, obwohl nicht überall. Homosexualität gilt in vielen Ländern als Straftat, Genitalverstümmelung an Frauen und Mädchen sind immer noch stark verbreitet, zahlreiche Morde werden in der Mittelmeerregion im Namen der Ehre an Schwestern, Töchtern und Ehefrauen verübt. So frei sind die Frauen also immer noch nicht, sie werden weiterhin unterdrückt und beherrscht und es gilt weiter zu kämpfen. Fundamentalistische Bewegungen sind im Vormarsch – z. B. predigen christlich orientierte in der USA gegen Schwangerschaftsverhütung, Homosexualität und Frauenemanzipation. Der evangelikale Fernsehprediger Jerry Falwell bezichtigte Homosexuelle, Abtreibungsbefürworter und Feministinnen, den Attentätern vom 11. September zum Erfolg verholfen zu haben. Moslemische Fundamentalisten treten im Extremfall nicht nur für die Verschleierung der Frau, sondern auch für das Verbot weiblicher Berufstätigkeit, Mädchenbildung und sogar mediznischer Behandlung ein z. B. im ehemalign Regime der Taliban in Afghanistan. Das Thema Frauenhandel wird bei uns kaum thematisiert, betrifft aber unser Umfeld. Viele Prostituierte werden aus dem Osten von Männern an Bordelle verkauft. Somit hat der Feminisums noch lange nicht ausgedient, es gilt immer wieder von neuem Unterdrückung aufzuzeigen und zu informieren.

 


Petra M. Springer: Petra, you've made art for over ten years. You've experimented with different media: wax, photography, menstrual blood, traditional easel painting, collage, assemblies, anagrammatic collections of chopped-up photos. Are there thematic connections between these different expressions?

 

Petra Paul: Of course. I regard myself as a feminist artist and therefore I'm concerned primarily with woman as a theme, or the showing of the ways women are discriminated against in this patriarchal society. I'm concerned with showing this mechanism and at the same time with undermining it. . . .

 

Springer: You make pictures with menstrual blood every month. Why?

 

Paul: . . . [W]omen in our patriarchal society are regarded as of lesser value because of menstruation, pregnancy and childbirth. By using menstrual blood in my painting I draw attention to the negative taboo and publicly show something that is usually kept secret in our society. Women, especially feminists, deal with their bodies in their art but, strangely, seldom deal with menstruation, although it's a specifically female theme. One of the first who publicly dealt with this theme was Judy Chicago, with her "Red Flag" from 1971 [see the Red Flag Ms. Chicago donated to MUM]. This lithograph shows a hand that pulls a bloody tampon out of a vagina. Works of art with menstrual blood are also made by, among others, Heather Weathers and Penelope Benton. Ani DiFranci sings about it in "Blood in the Boardroom." It really surprised me that so few women artists deal with menstruation. This "speechlessness" shows that the old fears of contact are deeply embedded in our society - I see that sometimes in the reactions of viewers. A very upset woman gallery owner wrote me, "I cannot show this in my gallery!" As if I would make something shameful. Women still feel shame about their bodies.

 

Springer: You want to take away the negative taboo and publicly show what is kept secret in our society. You want to take a theme regarded negatively and make it positive by making an aesthetic work.

 

Paul: Yes, I want to take away the disgust women feel. Menstrual blood is not disgusting - it's a part of us. Strangely, menstruation is taboo although it affects over half the population. Locks of hair and milk teeth are kept as mementoes, but not the first menstrual blood of girls that shows the transition from girl to woman. Our dealings with menstruation show the impact of advertising for menstrual products. Pads and tampons that absorb well reveal the demand of our society for concealment of the process. Words like freedom, security and reliability are associated with the products and women are shown as active, concerned with sports and youthful. No woman twists with pain; they beam as if nothing were going on. Cleanliness and discretion are foremost. Everything is done to make the time of menstruation as invisible as possible. Women menstruate secretly, discreetly and privately. Pain medication and medicine for PMS make women capable of working as if they did not menstruate. In Japan there is research about suppressing menstruation every month because modern career women don't want to bleed. [Not only in Japan: see the MUM page about stopping menstruation.] The negative attitude women have towards their bodies and bodily functions is widespread. I see menstruation as a symbol for an injury, a wound that bleeds every month, that a patriarchal society has thrust upon women. Helmot called the monthly bleeding the monthly stupidity; Richard von Kraft-Ebbing described it as monthly madness. In matriarchies there were menstruation rites and it was positively regarded; patriarchies hung the negative taboo on it. Women were seen as unclean, and the unpure blood contrasted with the masculine, healing blood of Christ. I call my series of menstruation pictures "That's the blood I've spilled for you." I try first through the completed abstract structure of the menstrual blood to make the viewer aware of the theme, and second, I use the aesthetic work to reverse the negative value. Women must confront their femaleness, which includes menstruation. This process should not take place in secret any more; the pictures make it public.

 

(translated by Harry Finley, director of the Museum of Menstruation and Women's Health)